Der österreichische Maler und Aktionskünstler Hermann Nitsch ist ein internationaler Ausnahmekünstler ohne gleichen, dessen Werke in allen bedeutenden öffentlichen wie privaten Sammlungen auf der ganzen Welt vertreten sind. Ob im Museum of Modern Art in New York, in der Tate Britain in London, im Centre Pompidou in Paris oder in der Pinakothek der Moderne in München – Hermann Nitsch ist eine feste Größe auf dem internationalen Kunstmarkt. Seit über 50 Jahren schreibt er mit seinen Aktionen, Bildern und Performances Kunstgeschichte und hat darüber hinaus auch die Opern- und Theaterlandschaft im deutschsprachigen Raum geprägt. So gestaltete Nitsch nicht nur mehrere Bühnenbilder für die Wiener Staatsoper, sondern darüber hinaus wurden seine sogenannten Mysterien-Orgien-Theater-Spiele sogar im Wiener Burgtheater aufgeführt. Regisseure wie Christopher Schlingensief wurden ebenso nachhaltig von Hermann Nitsch beeinflusst wie die Künstlerin Marina Abramovic.
Nitschs künstlerisches Schaffen geht weit über das Medium der Malerei hinaus und artikuliert sich als ein dynamisches Gesamtkunstwerk aus Malerei, Theater, Musik und Dichtung, in dem Mythologie, Religion und Philosophie zu einer dionysischen Einheit verschmelzen. Dabei stehen schicksalshafte, tragische Symbolfiguren wie Dionysos, Ödipus, Orest, Prometheus, Christus und Parzival im Mittelpunkt seiner künstlerischen Auseinandersetzung, die sich als Katharsis versteht und das Dionysische, Exzessive im Sinne Nietzsches kollektiv erfahrbar macht. Damit verdichtet sich verschiedenes religions- und philosophiegeschichtliches Gedankengut zu einer universalen Sage, einer eklektischen Geschichte der Auferstehung und des Rituals, die durch Partizipation in seinem Mysterien-Orgien-Theater auf symbolischer Ebene kollektiv erlebbar gemacht wird. Hermann Nitsch ermöglicht damit nicht nur den Zugang zum Unbewussten, Ungebändigten durch seine Kunst, sondern demarginalisiert das große Unbekannte und Triebhafte in unserer abendländischen Gesellschaft über die dramatische Inszenierung und gibt ihm somit Raum im tabulosen Bereich der Kunst sowie eine Daseinsberechtigung. Was durchaus provokativ erscheinen mag, findet in den Schriften Friedrich Nietzsches, Antonin Artauds und Sigmund Freuds seinen Ursprung und ihre Begründung.
Hermann Nitsch lebt und arbeitet seit 1971 auf Schloss Prinzendorf in Niederösterreich, das das Hermann Nitsch Museum beherbergt und auch als Veranstaltungsort für seine alljährlichen Mysterien-Orgien-Theater-Spiele der Öffentlichkeit zugänglich ist.